

Wen um Hilfe bitten
Claudia rätselt immer noch, wie sie die Invasion in die Ukraine überleben konnte. „Ich weiß nicht, wie ich das überlebt habe“, sagt die 79-jährige, die im Dorf Korobochkyne im Nordosten der Oblast Charkiw lebt. „Ich bin eine alte Frau. Die ganze Zeit über habe ich Gott um Hilfe gebeten. Es gibt ja sonst niemanden, den ich bitten kann.“
Mitten im Zweiten Weltkrieg, in der von Deutschland besetzten Ukraine, geboren, hätte Claudia nie erwartet, noch einmal einen Krieg zu erleben. Nach einer langen Arbeit als Buchhalterin in einer Kolchose im Nachbardorf verbrachte Claudia ihren Ruhestand damit, sich um ihren Garten zu kümmern und ihren Sohn und ihre Enkelkinder zu besuchen, die ebenfalls in Korobtschkyne leben.
Im Februar 2022 jedoch wurde ihr Dorf vom Krieg heimgesucht. In den ersten Tagen besetzten die russischen Streitkräfte wesentliche Teile der nördlichen Oblast Charkiw. Korobotschkyne befand sich in der sogenannten „Grauzone“ zwischen ukrainischen und russischen Truppen. Von Ende Februar bis August wurde das Dorf wiederholt von Artillerie, Panzerbeschuss und Raketen getroffen, bevor eine Gegenoffensive im September 2022 die Frontlinie um Dutzende von Kilometern nach Osten verlagerte. Während der aktiven Kämpfe flohen etwa 90 Prozent der 3.500 Einwohner des Dorfes. Mehr als 700 Häuser und andere Gebäude in Korobochkyne wurden nach Angaben der Dorfverwaltung beschädigt.
Claudia und ihr Sohn Nicolai, 55, jedoch blieben im Dorf.
„Die Menschen warteten zunächst ab, aber als dann die ersten Häuser getroffen wurden und diese zu brennen begannen, bekamen die Menschen Angst und flohen“, sagt Claudia, die seit dem Tod ihres Mannes allein lebt. „Wir waren hier. Wir sind nicht weggegangen.“
Ein stückweit Normalität inmitten eines Krieges
Zwischen den Kämpfen versuchte Claudia ein normales Leben zu führen, indem sie sich um ihren Garten und ihre Tiere kümmerte und sich mit einer Freundin traf, die in der Nähe wohnt. An dem Tag, an dem ihr Haus beschädigt wurde, saßen sie und ihre Freundin auf der Treppe, als die Nachbarschaft unter Beschuss geriet. Eine Panzergranate schlug in Claudias Scheune ein, die Wucht der Explosion zerbrach mehrere Fenster ihres Hauses und hob das Dach aus den Angeln.
„[Die Granate] … sprengte das Dach des Hauses in die Luft“, sagt sie. „Wir hatten Glück, dass die Wucht der Explosion über uns war und uns nicht getroffen hat.“
Im Februar 2023 führten Ingenieure von Caritas Spes Charkiw eine erste Begutachtung von Claudias Haus durch und beantragten Unterstützung bei der Reparatur ihres Hauses. Die vorrangigen Reparaturarbeiten für Claudias Haus waren der Austausch der beschädigten Fenster und Fensterrahmen sowie die Reparatur des Daches und der Decke. Ziel der Arbeiten war, sicherzustellen, dass Claudias Haus warm und trocken ist, was in der Ukraine, wo die Temperaturen im Winter unter -15 Grad Celsius fallen können, besonders wichtig ist.

Seit dem Ende der aktiven Kämpfe sind wieder mehr Menschen in das Dorf zurückgekehrt. Die Strom- und Gasversorgung wurden wiederhergestellt und auch mehrere Geschäfte im Dorf haben wieder geöffnet. Nachdem sie viele Monate der Kämpfe miterlebt hat, ist Claudias einzige Hoffnung für die Zukunft, dass der Krieg beendet wird.
„Wir hoffen, dass alles gut werden wird“, sagt sie. „Wer weiß wie, aber wir hoffen, dass es Frieden geben wird. Wenn es Frieden gibt, wird sich alles andere von selbst regeln.“
Im Rahmen des Projekts wurden betroffene Gemeinden in der Oblast Charkiw bei der Reparatur von Häusern und der Instandsetzung der Infrastruktur sowie bei der Vermittlung von weiteren Hilfsmaßnahmen unterstützt.