Ukraine

Ukrainehilfe – vielfältige Maßnahmen seit Beginn des Krieges

Die russische Invasion in der Ukraine hat das Leben von Millionen von Menschen für immer verändert. Tausende haben ihr Leben verloren. Unzählige sind aus schwer beschädigten Wohnhäusern geflohen. Familien wurden auseinandergerissen, wobei oft die Männer in der Ukraine bleiben, während Frauen, Kinder und ältere Familienmitglieder in anderen Ländern Schutz suchen.

Habitat for Humanity hat unmittelbar nach Kriegsbeginn vielfältige, situationsentsprechende Hilfsmaßnahmen initiiert. Dazu zählen die Bereitstellung von Notunterkünften in den ukrainischen Nachbarstaaten sowie weitere Nothilfemaßnahmen. Seitdem haben wir unsere Arbeit mit lokalen und internationalen Partnern intensiviert, um uns für mittel- und langfristige Wohnraumlösungen für die Betroffenen einzusetzen. Und dies in der Ukraine selbst, in den angrenzenden Nachbarländern und auch lokal in Deutschland im Rahmen unseres Hilfsprojekts zur Wohnungsvermittlung für Geflüchtete.

Seit einem Jahr herrscht Krieg in der Ukraine

Wir haben mehr als 8.000...

...Geflüchtete durch Kurzzeitunterkünfte unterstützt.

Mehr als 27.000...

...Menschen durch Renovierungen von beschädigten Häusern und Umnutzung von Leerstand in Wohnraum erreicht.

Mehr als 34.000...

...Menschen haben Möbel für ihre Wohnungen erhalten.

Mehr als 350...

...geflüchtete Menschen im Rheinisch-Bergischen-Kreis in langfristige Wohnungen vermittelt.

Reparaturarbeiten in der Ukraine mit lokalen Partnern

In der Ukraine selbst engagiert sich Habitat for Humanity durch Instandsetzungsarbeiten an Wohnhäusern im ländlichen Raum der Oblast Charkiw durchgeführt. Dabei können Haushalte erreicht werden, die bisher nur sporadisch oder gar nicht unterstützt wurden. Es werden beschädigte Häuser und Wohnungen repariert und barrierefreie Umbauten vorgenommen, damit die Menschen in der Ukraine während des Konflikts ein – soweit möglich – sicheres und würdiges Leben führen können. Zudem werden Reparaturdienste für kleinere Infrastrukturen auf Gemeindeebene etabliert, wie Kindergärten, Märkte oder Gemeindezentren, die für die Gemeinden, in denen die Hausreparaturen stattfinden, ebenso wichtig sind.

Im Rahmen eines umfangreichen Projekts zur Energieeffizienz werden in Odessa energetische Sanierungsarbeiten durchgeführt. Das wichtigste Element ist die Installation von Temperaturregelungssystemen in Gebäudekellern, das die Temperatur des Heizungswassers im gesamten Gebäude reguliert. Außerdem werden die Isolierung der Rohrleitungen und die elektrische Verkabelung in den Kellern der Gebäude erneuert.

Diese Projekte setzen wir mit erfahrene lokalen Partnern, wie der Odessa Housing Union und Catholic Relief Services umgesetzt.

Reparaturarbeiten an Wohnhäusern

Im Rahmen unserer Ukrainehilfe werden zusammen mit lokalen Partnern leichte bis mittlere Reparaturmaßnahmen an Häusern und Wohnungen durchgeführt. Ältere und andere vulnerable Bevölkerungsgruppen werden hierbei priorisiert. Zu den Reparaturmaßnahmen zählen der Austausch von Fenstern und Türen, Dachplatten und -ziegel. Falls möglich, wird an der Versorgungsinfrastruktur der Häuser gearbeitet. Die konkreten Hilfsmaßnahmen werden entsprechend dynamisch an die Situation vor Ort angepasst.

Reparaturarbeiten öffentlicher Einrichtungen

Habitat for Humanity und lokale Partner leisten zudem technische Unterstützung bei der Reparatur von öffentlichen Einrichtungen wie Kindergärten. Dabei ist die lokale Bevölkerung maßgeblich in die Auswahl dieser Einrichtungen involviert. Die Arbeiten werden soweit möglich von Unternehmen vor Ort durchgeführt, um auch diese zu unterstützen.

Fortführung bestehender Projekte

Zusammen mit unserem lokalen Partner OHU in Odessa, möchten wir nach Möglichkeit unser Hilfsprogramm zur Energieeffizienz (ComAct) weiterführen. Dabei werden die Bewohnerinnen und Bewohner von Appartementkomplexen mit technischen, finanziellen und gemeinschaftlichen Produkten und Lösungen unterstützt. Dazu zählt eine energieeffiziente Modernisierung von Mehrfamilienhäusern in Odessa (Isolierung von Rohrleitungen und Decken, Installation einzelner Heizungsstationen). Außerdem werden Keller dieser Gebäude ausgebaut, damit sie bei Luftangriffswarnungen als sichere Zuflucht dienen können.

„Wir werden wieder aufbauen“– Von Widerstandsfähigkeit und Durchhaltevermögen

Andrii wurde in Novosibir geboren, und seine Familie zog nach Vil’khivka (Gebiet Charkiw), als er noch jung war. Er lebte…

Andrii wurde in Novosibir geboren, und seine Familie zog nach Vil’khivka (Gebiet Charkiw), als er noch jung war. Er lebte sein ganzes Leben lang in Vil’khivka und baute sein Zuhause in der Stadt. Er sagt: „Ich habe dieses Haus selbst gebaut, als ich jung war. Ich dachte, es wäre besser, es selbst zu bauen, und ich habe es fertiggestellt.“

Am 26. März 2023 wurde das Haus, das Andrii mit seinen eigenen Händen gebaut hatte, durch den Konflikt beschädigt. Er lebte fast einen Monat lang im Keller, da die Versorgungsleitungen (Strom, Wasser oder Gas) im Dorf seit den ersten Tagen des Krieges unterbrochen waren.

„Es geschah um den 26. März herum. Ich glaube, es waren Streubomben. Ich lebe bereits seit einem Monat im Keller. Seit dem ersten Kriegstag hatten wir keinen Strom oder Gas. Das Internet funktionierte nicht, es gab keine Kommunikation und die Geschäfte waren geschlossen. Kurz gesagt, wir haben so gut überlebt, wie wir konnten.“

Bereits am 28. März verließ Andrii Vil’khivka, da es immer gefährlicher wurde. „Zwei große Luftbomben fielen in den Hof, und es gab sechs Explosionen um das Haus herum.“

Auch das Elternhaus von Andrii wurde zerstört. Danach begann seine Familie, nach einem sichereren Ort zu suchen, doch es stellte sich als schwieriger heraus als erwartet. Egal, wo sie haltmachten, sie waren dem Beschuss ausgesetzt. „Das Haus meiner Mutter war in der Nähe – es war auch komplett zerstört. Wir sammelten, was wir konnten, und zogen nach Elitne. Kurz darauf begann auch Elitne bombardiert zu werden. Es gab eine Explosion im Haus, in dem wir untergebracht waren. Wir packten schnell das Nötigste in eine Tasche und verließen es, ohne zu wissen, wohin wir gehen sollten.“

Die Familie evakuierte nach Odessa und schloss sich Andriis Schwester an. Sie blieben sechs Monate in Odessa, aber schließlich kehrte Andrii zurück nach Hause. Seine Eltern konnten hingegen immer noch nicht gehen und blieben bei ihrer Tochter.

Als Andrii nach Hause zurückkehrte, fand er sein Haus mit starken Zerstörungen vor. „Der Ofen war zerstört, die Fenster zerschlagen – alles lag in Trümmern. Selbst das Haus meines Sohnes auf der anderen Straßenseite war schwer beschädigt. Das Haus war geplündert worden. Selbst unsere Hochzeitsalben wurden gestohlen.“

Andrii gehört zu den Projektbegünstigten des Reparaturprogramms. So konnte er zerbrochene Fenster ersetzen und sein Dach reparieren. Er will sich nicht unterkriegen lassen: „Arbeiten, arbeiten und arbeiten. Meine Frau und ich haben in einer Schule in der Nähe gearbeitet. Sie wurde komplett bombardiert. Wir werden sie wieder aufbauen.“

Das Projekt wurde von Catholic Relief Services in Zusammenarbeit mit Caritas Ukraine und Caritas Spes Ukraine umgesetzt und von Habitat for Humanity International finanziert. Das Projekt setzte Hausreparaturen, Infrastrukturreparaturen und Vermittlungshilfe für betroffene Gemeinden im Gebiet Charkiw an.


Wir sind nicht weggegangen – Claudia aus Korobochkyne

Claudia rätselt immer noch, wie sie die russische Invasion in der Ukraine überleben konnte. „Ich weiß nicht, wie ich das…

Claudia rätselt immer noch, wie sie die russische Invasion in der Ukraine überleben konnte. „Ich weiß nicht, wie ich das überlebt habe“, sagt die 79-jährige, die im Dorf Korobochkyne im Nordosten der Oblast Charkiw lebt. „Ich bin eine alte Dame. Die ganze Zeit über habe ich Gott um Hilfe gebeten. … Es gibt ja sonst niemanden, den ich bitten kann.“

Mitten im Zweiten Weltkrieg in der von Deutschland besetzten Ukraine geboren, hätte Claudia nie erwartet, noch einmal einen Krieg zu erleben. Nach einer langen Arbeit als Buchhalterin in einer Kolchose in einem Nachbardorf verbrachte Claudia ihren Ruhestand damit, sich um ihren Garten zu kümmern und ihren Sohn und ihre Enkelkinder zu besuchen, die ebenfalls in Korobtschkyne leben.

Im Februar 2022 jedoch wurde ihr Dorf vom Krieg heimgesucht. In den ersten Tagen der Invasion besetzten die russischen Streitkräfte wesentliche Teile der nördlichen Oblast Charkiw, und Korobotschkyne befand sich in der so genannten „Grauzone“, zwischen ukrainischen und russischen Truppen. Von Ende Februar bis August wurde das Dorf wiederholt von russischer Artillerie, Panzerbeschuss und Raketen getroffen, bevor eine ukrainische Gegenoffensive im September 2022 die Frontlinie um Dutzende von Kilometern nach Osten verlagerte.  Während der aktiven Kämpfe flohen etwa 90 Prozent der 3.500 Einwohner des Dorfes aus der Vorkriegszeit, und mehr als 700 Häuser und andere Gebäude in Korobochkyne wurden nach Angaben der Dorfverwaltung beschädigt.

Claudia und ihr Sohn Nicolai, 55, jedoch blieben im Dorf.

„Die Menschen warteten zunächst ab, aber als dann die ersten Häuser getroffen wurden und diese zu brennen begannen, bekamen die Menschen Angst und flohen“, sagt Claudia, die seit dem Tod ihres Mannes allein lebt. „Wir waren hier. Wir sind nicht weggegangen.“

Zwischen den Kämpfen versuchte Claudia, ein normales Leben zu führen, indem sie sich um ihren Garten und ihre Tiere kümmerte und sich mit einer Freundin traf, die in der Nähe wohnt.   An dem Tag, an dem ihr Haus beschädigt wurde, saßen sie und ihre Freundin auf ihrer Treppe, als die Nachbarschaft unter Beschuss geriet.  Eine russische Panzergranate schlug in Claudias Scheune ein, wobei die Wucht der Explosion mehrere Fenster ihres Hauses zerbrach und das Dach des Hauses aus den Angeln hob.

„(Die Granate) sprengte das Dach des Hauses in die Luft“, sagt sie. „Wir hatten Glück, dass die Wucht der Explosion über uns war und uns nicht getroffen hat.“

Im Februar 2023 führten Ingenieure von Caritas Spes Charkiw eine erste Begutachtung von Claudias Haus durch und beantragten Unterstützung bei der Reparatur ihres Hauses. Die vorrangigen Reparaturarbeiten für Claudias Haus sind der Austausch der beschädigten Fenster und Fensterrahmen sowie die Reparatur des Daches und der Decke. Ziel der Arbeiten ist es, sicherzustellen, dass Claudias Haus warm und trocken ist, was in der Ukraine, wo die Temperaturen im Winter unter 15 Grad Celsius fallen können, besonders wichtig ist.

Seit dem Ende der aktiven Kämpfe sind wieder mehr Menschen in das Dorf zurückgekehrt. Strom und Gas wurden wiederhergestellt, und auch mehrere Geschäfte im Dorf haben wieder geöffnet. Nachdem sie viele Monate der Kämpfe miterlebt hat, ist Claudias einzige Hoffnung für die Zukunft, dass der Krieg beendet wird.

„Wir hoffen, dass alles gut werden wird“, sagt sie. „Wer weiß wie, aber wir hoffen, dass es Frieden geben wird. Wenn es Frieden gibt, wird sich alles andere von selbst regeln.“

Das Projekt Homes and Communities Assistance to Vulnerable Conflict-Affected Households in Ukraine wird in Partnerschaft mit Catholic Relief Services, Caritas und Caritas Spes Ukraine durchgeführt. Im Rahmen des Projekts werden betroffene Gemeinden in der Oblast Charkiw bei der Reparatur von Häusern und der Instandsetzung der Infrastruktur sowie bei der Vermittlung von weiteren Hilfsmaßnahmen unterstützt.


Außergewöhnliche Begegnungen in Budapest – Felix

Ich bin in der ukrainischen Region Transkarpatien geboren und aufgewachsen und spreche daher fließend Ukrainisch. Zudem habe ich einen soziologischen…

Ich bin in der ukrainischen Region Transkarpatien geboren und aufgewachsen und spreche daher fließend Ukrainisch. Zudem habe ich einen soziologischen Hintergrund. Das gab mir das Gefühl, geflüchtete ukrainische Familien aktiv unterstützen zu können, die sich in Budapest in Sicherheit bringen.

Ich habe mich dem Verein ‚From Streets to Homes!‘ angeschlossen, der ein gemeinsames Mietunterstützungsprogramm mit Habitat for Humanity Ungarn durchführt. In meiner Funktion als Sozialarbeiter betreue ich geflüchtete Familien, vor allem Frauen und ihre Kinder. Ich unterstütze und begleite sie bei alltäglichen Aufgaben wie der Einschulung von Kindern, Arztbesuchen und der Vorbereitung zur Eingliederung auf den lokalen Arbeitsmarkt.

Seitdem habe ich sehr viele eindrückliche Erfahrungen gesammelt. Besonders berührten mich die Geschichten der Familien, die ich getroffen habe. Meine Tätigkeit bedeutet mir sehr viel, manchmal ist es aber schwer, die Geschichten über den Krieg, die Bombardierungen, Verletzten und Toten auf den Straßen, zu verarbeiten. Da traue ich mich kaum die Frage zu stellen, ob, wann und wie sie es jemals zurück in die Ukraine schaffen werden.

Es hilft die Erleichterung auf den Gesichtern der Geflüchteten zu sehen, wenn sie ihre Erfahrungen mit jemanden in ihrer Muttersprache teilen können. Als Betreuer muss ich sehr sensibel auf die jeweiligen Hintergründe der Menschen eingehen. Ich habe allerdings immer ein offenes Ohr für sie und helfe ihnen, Stabilität, eine Wohnung und die Gewissheit zu finden, dass sie in Sicherheit sind. All das und insbesondere die Möglichkeit zu helfen, die Betroffenen in ihren Bedürfnissen zu unterstützen und die Ängste zu lindern, bewegen mich tief.

Meine vielleicht außergewöhnlichste Begegnung hatte ich während meiner Arbeit, war jene mit Anna. Anna war schwanger, als wir anfingen, zusammenzuarbeiten. Ich war während der letzten sechs Monate ihrer Schwangerschaft für sie da, begleitete sie zu Arztbesuchen und half ihr, sich zurechtzufinden, und sprachlich zu vermitteln. Sie hat ihren Sohn Vladyslav im September auf die Welt gebracht und ich durfte diesen kleinen, gesunden Jungen direkt fünf Tage nach seiner Geburt kennenlernen. Er war so winzig! Es war ein überwältigendes Gefühl, an diesem Erlebnis teilhaben zu dürfen. Ich werde diese kleine Familie nie vergessen, genauso wie ich mich immer an die vielen anderen Geflüchteten erinnern werde, denen ich jeden Tag begegne. Ich werde mich an die Herausforderungen erinnern, denen sie sich stellen müssen, an ihre Träume und Sorgen, an ihre Entschlossenheit und ihre beständige Hoffnung. Ich wünsche mir, dass sie  – mit Hilfe – bald nach Hause kommen werden, sei es eines Tages in der Ukraine oder direkt hier in Budapest.


Helfen Sie durch Ihre Spende!

Die Menschen in der Ukraine brauchen unsere Hilfe. Damit wir so viele Häuser und Wohnungen reparienren und dadurch zumindest ein wenig Not lindern können, bitten wir Sie um Ihre Unterstützung zugunsten unserer Ukrainehilfe. Herzlichen Dank für Ihren Beitrag!

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„Ich fühle mich heimatlos“ – Sich zuhause zu fühlen bleibt schwer

Während des Winters 2022, als die Temperaturen minus 20 Grad erreichten und der Schnee einen Meter hoch lag, sahen sich…

Während des Winters 2022, als die Temperaturen minus 20 Grad erreichten und der Schnee einen Meter hoch lag, sahen sich Sergej und seine Familie in Charkiw mit dem Unvorstellbaren konfrontiert. Sergej, Ehemann, Vater von zwei Töchtern und Großvater von vier Enkeln, blickt liebevoll auf die Fotos zurück, die einen Monat bevor der Krieg ihre Welt erschütterte, aufgenommen wurden. Ihre Heimatstadt, einst ein Ort der Freude und der Erinnerungen, wurde in Schutt und Asche gelegt, was sie zwang, inmitten von Chaos und Zerstörung zu fliehen.

Bei Kriegsausbruch wurde Charkiw von Panzern eingekesselt, das Geräusch von Granateneinschlägen erfüllte die Luft. Sergejs Familie fand unterirdisch Zuflucht, ertrug fünf Tage Angst und Unsicherheit, was alle, besonders aber die Kinder, stark belastete. Die Bombardierungen ließen ihr Zuhause ohne Fenster und Türen zurück, und eines von Sergejs Autos, ein besonders von seinem Enkel Mark geliebten Volkswagen, wurde durch eine Rakete zerstört.

Die Reise in die Sicherheit dauerte fast eine Woche, während der sich die Familie durch überfüllte Straßen und weitere Unsicherheiten kämpften. Unterwegs schlossen sich ihnen Sergejs Schwiegereltern Valera und seine Frau an, was ihren Konvoi erweiterte. Schließlich ließen sie sich in Budapest nieder, wo sie sich mit Marks Vater Tomi zusammentaten, der bereits in der Stadt lebte. Sergej und seine Frau beschlossen, eine Wohnung mit den Schwiegereltern zu teilen, um ihren Kindern etwas Privatsphäre und Autonomie zu ermöglichen.

Enkelsohn Mark, trotz seines jungen Alters, ist zu einem unschätzbaren Bindeglied zwischen seinen Großeltern und ihrer neuen Umgebung geworden und übersetzt oft für sie während ihrer Ausflüge in der Stadt. „Wenn sie nicht verstehen, was die Leute ihnen sagen, übersetze ich. Als meine Großväter im Park Polizisten trafen, half ich auch dort“, sagte Mark stolz.

Die Rückkehr nach Charkiw ist für Sergej und seine Familie undenkbar. Das jüngste Wiederaufleben von Granateneinschlägen verstärkt ihre Entscheidung, fernzubleiben.
Sergej, der einst als Elektroingenieur arbeitete, trauert um den Verlust seines früheren Lebens und der Sicherheit, die er für seine Familie aufgebaut hatte. Jetzt in Budapest sind sie auf die Unterstützung von Diakonia, einem unserer lokalen Partner, angewiesen, um wesentliche Dinge wie eine Waschmaschine und einen Kühlschrank zu bekommen.

Auf die Frage, wie er sich in Budapest fühle, gesteht Sergej: „Als Flüchtling“, bevor er hinzufügt: „Ich fühle mich obdachlos, staatenlos. Wir haben zwar angefangen, uns an unser neues Leben zu gewöhnen, aber wir fühlen uns immer noch wie Flüchtlinge. Wir versuchen, unser Leben so zu gestalten, dass wir eines Tages hier zu Hause sein können. Wir haben keine andere Wahl. Wir sind dankbar für die starke Hilfe, die wir erhalten haben“.

Während Sergej und seine Familie sich in ihrer neuen Realität zurechtfinden, ist ihre Geschichte eine ernüchternde Erinnerung an die anhaltenden Herausforderungen, mit denen Geflüchtete weltweit konfrontiert sind, während sie weiterhin versuchen einen Ort zu finden, den sie wieder Zuhause nennen können.


Wie großartig das normale Leben war – Marina

Die lauten Explosionen rissen Marina und ihren Mann kurz vor Sonnenaufgang in Dnipro, einer zentralukrainischen Stadt, die sich vom Ufer…

Die lauten Explosionen rissen Marina und ihren Mann kurz vor Sonnenaufgang in Dnipro, einer zentralukrainischen Stadt, die sich vom Ufer des Dnjepr aus ausbreitet, aus dem Schlaf. Verwirrt begaben sie sich aus ihrem neunstöckigen Wohnhaus und konnten nicht glauben, was sie sahen: hohe Rauchfahnen, die in der Ferne aufstiegen. Bomben hatten den nur fünf Kilometer entfernten Flughafen getroffen.

„Wir haben nicht verstanden, was es war, was passierte“, sagt sie. „Es gab noch keine Sirenen, nichts. Es war der erste Tag. Und als uns gesagt wurde, dass in der ganzen Ukraine Flugplätze oder Infrastruktureinrichtungen bombardiert worden waren, konnten wir nicht glauben, dass dies Krieg war.“

Jedes Mal, wenn die Familie in den folgenden Tagen Sirenen hörte, drängten sich Marina, ihr Mann und ihre Töchter, Kristina, 10 und Alisa, 5, in den Flur ihrer Zwei-Zimmer-Wohnung. „Es gibt keinen Luftschutzbunker in der Nähe, wo wir uns verstecken könnten. Unser Wohnblock ist ein Plattenbau, was bedeutet, dass, wenn uns etwas treffen oder sogar in der Nähe landen würde, das Gebäude einfach in sich zusammenbrechen würde.“ Marina und ihr Mann beschlossen mit den Kindern abzureisen, auch wenn ihr endgültiges Ziel unklar war.

Marina erfuhr, dass die Bank, in der sie als Business Analyst arbeitet, Busse für Mitarbeitende und ihre Familien bereitstellen würde, die gehen wollten. Ihr Mann sollte bleiben und seine Arbeit als Ingenieur fortsetzen, um die ukrainische Wirtschaft zu unterstützen.

„Wir waren auf der Suche nach einem sicheren Ort, denn wie alle Mütter, die ihre Kinder aus der Situation herausbringen möchten, machen sie sich einfach Sorgen und wollen, dass ihre Kinder am Leben bleiben.“

Ein tränenreicher Abschied: „Wir wussten nicht, ob wir uns wiedersehen würden“

Am Vorabend ihrer Abreise packte Marina ihren Laptop, einige Kleidungsstücke und viel Wasser und Essen ein, weil sie gehört hatten, dass die Regale in den Geschäften entlang der Routen aus der Ukraine leer waren. Marina sagte Kristina und Alisa, dass sie jeweils einen Rucksack mit allem füllen könnten, was sie wollten. Kristina entschied sich für Kunstbedarf und ein paar Logikspiele. Alisa füllte ihren Hello Kitty Rucksack mit Stofftieren, darunter das My Little Pony Snowflake, die weiße Kätzchenkatze, und ein Terrier mit blauem Kragen namens Rocky, dessen Haar bereits durch jahrelanges Kuscheln verfilzt ist.

Marina weint bei der Erinnerung daran, wie ihr Mann und alle anderen Väter sich von ihren Frauen und Kindern an den Bussen verabschiedeten. „An diesem Tag sah ich meinen Mann zum ersten Mal weinen“, sagt sie. „Weil wir nicht wussten, ob wir uns jemals wiedersehen würden. Wir haben alle geweint. Die Kinder weinten. Die Frauen weinten. Es war schrecklich. Die Kinder sagten immer wieder: ‚Mummy, lass uns nach Hause gehen. Kehren wir zu Papa zurück.’“

Marina und die Mädchen machten sich auf den Weg in die Stadt Lemberg, dann in eine kleinere Stadt weiter westlich. Auf dem Weg dorthin stand sie in Kontakt mit Verwandten und versuchte verzweifelt herauszufinden, wohin sie gehen sollten. Dann riefen Freunde der Familie an und sagten, dass es eine Wohnungs-Auskunftstelle an der Warschauer Ost-Transitstation gibt; betrieben von Habitat for Humanity Polen.

Ein neues Zuhause: „Wir können jetzt in Ruhe schlafen“

Es ist ein Wunder, wie meine Freunde diese Organisation, Habitat, gefunden haben“, sagt sie und sitzt auf einem beigen Schlafsofa in einer Warschauer Ein-Zimmer-Wohnung, in der Habitat for Humanity Marina und ihre beiden Töchter untergebracht hat. „Als wir die Wohnung zum ersten Mal betraten, schien es uns, dass hier ein Ort war, an dem wir jetzt in Ruhe schlafen können, ohne mitten in der Nacht von Sirenen geweckt zu werden, ohne drei Stunden hintereinander im Flur sitzen zu müssen . . .  Meine Kinder haben zum ersten Mal gut geschlafen. Wir hatten das Gefühl, endlich ein Zuhause gefunden zu haben.“ „Ich bin sehr dankbar, dass wir ein Dach über dem Kopf haben, dass meine Kinder in Sicherheit leben“, sagt Marina. Im Hintergrund hört man Vogelgezwitscher auf dem Balkon und das gelegentliche Kichern von Kristina und Alisa, die im Schlafzimmer spielen.

Kristina und Alisa haben begonnen, die Wohnung zu dekorieren, indem sie magnetische Schmetterlinge auf den Edelstahlkühlschrank und das My Little Pony-Spielzeug auf den Kaminsims gelegt haben. Sie schlafen auf Bodenmatratzen mit dicken Bettdecken. Alisa hat eine Reihe von Stofftieren hinter ihrem Kopfkissen aufgebaut, darunter Winnie Puuh, Ferkel und andere, die von polnischen Familien gespendet wurden. Rocky und Snowflake sind auch da, wenn sie nachts schlafen geht.

Sehnsucht nach Heimat: „Wir wussten gar nicht, dass das Leben einfach großartig ist“

Marina ist oft in Kontakt mit ihrem Mann. „Er geht allein einkaufen, wenn es keinen Luftangriffsalarm gibt“, sagt sie. „Sie sagen uns, dass die Wirtschaft der Ukraine funktionieren sollte … Er arbeitet jetzt für das Wohl der Ukraine.“

Doch sie fürchtet um seine Sicherheit. Ein paar Tage zuvor wurde ein anderes Wohnhaus nur 100 Meter von ihrem Wohnhaus entfernt von einer Bombe getroffen und fing Feuer. Glücklicherweise, sagt Marina, ist niemand umgekommen.

Marina sagt, sie erwarte nach Hause zurückzukehren, aber wie so viele, die durch den Konflikt vertrieben wurden, habe sie keine Ahnung, wann. Habitat for Humanity Polen sieht regelmäßig nach der Familie, ebenso wie die Wohnungsbesitzerin. Alisa geht in den Kindergarten, den auch andere ukrainische Kinder besuchen.

Heimweh trotzallem

„Mein Mann und ich haben gearbeitet, unsere Kinder sind zur Schule gegangen, in den Kindergarten“, sagt sie. „Wir waren immer unterwegs, hatten nie die Zeit für alles, was wir tun wollten . . . Es war das Leben. Wir wussten nicht, dass das einfach großartig war. Und dass die Dinge plötzlich anders laufen können.“


Ukrainerin findet nach Beschuss Heimat und Stabilität in Ungarn – Lada

Als im März 2022 der Beschuss begann, floh Lada aus ihrer Heimat in der zweitgrößten ukrainischen Stadt Charkiw, nur mit…

Als im März 2022 der Beschuss begann, floh Lada aus ihrer Heimat in der zweitgrößten ukrainischen Stadt Charkiw, nur mit zwei Wanderstöcken im Gepäck. Zwei Wochen später erreichte sie Ungarn, nachdem sie durch Rumänien gereist war. In Budapest war sie auf Hilfsgelder angewiesen und teilte ihre Unterkunft mit anderen geflüchteten Frauen. In ihrer aus den Fugen geratenen Welt klammerte sich Lada an gespendete Küchenutensilien, die sie als Ersatz für ihre eigenen Besitztümer ansah, die sie entweder verloren oder zurückgelassen hatte.

„Da wir uns die Küche teilten, benutzten die anderen Frauen beim Kochen oft meine gespendeten Küchengeräte“, sagt Lada. „Es mag albern klingen, aber das hat mich sehr verletzt. Es war mir wichtig, das Gefühl zu haben, dass diese Dinge nur mir gehörten. Ich wollte einfach das Gefühl haben, dass ich etwas besitze.“
Durch das gemeinsame Unterstützungsprogramm von Habitat for Humanity Hungary und der Partnerorganisation From Streets to Homes! erhält Lada nicht nur finanzielle Unterstützung, um sich eine Wohnung zu sichern, sondern auch Sachleistungen wie Haushaltsgeräte und andere Materialien. Das Hilfsprogramm bietet Lada auch sozialpädagogische Betreuung, die ihr hilft, ihre Wohnsituation langfristig zu stabilisieren. Sechs Monate nach ihrer Flucht aus Charkiw sagt sie, dass sie endlich anfängt, sich zu Hause zu fühlen.

„Ich brauche Zuwendung und Unterstützung, und ich muss das Gefühl haben, dass ich eine kleine Ecke habe, wo ich meine Sachen unterbringen kann“, sagt Lada. „Ich wollte unbedingt spüren, dass ich etwas besitze. Ich bin so dankbar und glücklich, dass ich endlich ein Zuhause habe. Hier bin ich ruhig, und ich kann endlich schlafen.“